Julians Bruder
Autor: Klaus Kordon
Erschienen im: Beltz & Gelberg Verlag
628 Seiten - Ab 13 Jahren


„Die »Zwillinge«, so wurden Julian und ich in der Jablonskistraße nur genannt. Dabei sahen wir einander überhaupt nicht ähnlich. Jule war der eher schmale, dunkelhaarige Junge, ich der kompakte Blonde mit den Sommersprossen über der Nase; Jule war ein Kind, das gern lachte, ich ein eher vorsichtiges, misstrauisch blickendes, das man erst zum Lachen bringen musste. Vom Alter her waren wir nur vier Tage auseinander, Julian kam am 7. November zur Welt, ich am 11.“


Julian und Paul wachsen im Berlin der 30er Jahre wie Brüder auf, sie machen alles zusammen. Seit sie ganz klein sind, sind sie unzertrennlich. Als sie in die Schule kommen, stehen sie sogar im Klassenbuch genau übereinander: Scholz Paul, Stenberg Julian.
Julian ist Jude, aber das weiß keiner, nicht einmal er selber. Denn er ist evangelisch getauft, nicht beschnitten und er sieht ja auch gar nicht aus wie ein „typischer“ Jude. Er hat keine lange Hakennase und auch sonst keine Ähnlichkeit mit den Juden, wie sie von den Nazis beschrieben werden.
Das ändert sich allerdings als die beiden Freunde einen neuen Lehrer bekommen. Der findet schnell heraus, dass Julian ein Jude ist und Julian muss die Schule verlassen. Zu diesem Zeitpunkt dürfen Juden schon nicht mehr auf öffentliche Schulen gehen. Julian kommt auf eine spezielle Privatschule nur für Juden. Doch die Schule ist weit entfernt und auf dem Weg wird Julian gehänselt und geschlagen. Dann werden auch noch Julians Eltern deportiert und Julian muss untertauchen.
Als „U-Boot“ lebt er nun, abhängig von Nichtjuden die ihn verstecken. Natürlich helfen ihm Paul, seine Schwester Bille und seine Mutter so gut es geht, aber es ist auch für sie nicht leicht. Der Krieg dauert schon viel zu lange. Pauls Vater ist in Russland gefallen und gegen Ende des Krieges, mit sechzehn, wird auch Paul zum Militär beordert. Er ist Flakhelfer und mit seiner Einheit, alles Minderjährige, muss er versuchen die angreifenden Bomber abzuschießen.
Am Ende des Krieges, als sich alle „großen“ Führer schon längst versteckt haben und Berlin schon verloren ist, versteckt sich auch Paul zusammen mit Julian in einem zerbombten Haus. Paul will nicht noch in den letzten Kriegstagen für seinen Führer sterben, den er ja sowieso hasst. Aber selbst als die Russen schon in Berlin einmarschieren, machen Spezialkommandos des deutschen Militärs immer noch Jagd auf Deserteure und zweimal wird Paul fast erschossen.
Als die rote Armee dann endlich Berlin eingenommen hat, beginnt ein neues Leben für die beiden „Brüder“. Julian träumt davon, nach seinem Schulabschluss, mit Bille, seiner großen Liebe, nach Palästina zu gehen und Paul will dann endlich Automechaniker werden.
Es entwickelt sich allerdings alles anders: Bille wird von russischen Soldaten vergewaltigt und Paul und Julian kommen ihr zu Hilfe. Die russischen Soldaten verprügeln die beiden, aber Bille kann fliehen. Als dann ein Kommandant der Russen kommt, erzählen ihm die russischen Soldaten Lügen über die beiden Jungen, um ihre eigene Haut zu retten. Also werden Julian und Paul als „Werwölfe“ festgenommen und in ein Internierungslager, das ehemalige KZ Buchenwald, gebracht. Julian ist zwar Jude, aber da er nicht beschnitten ist, kann er das nicht beweisen.
Drei Jahre wird Paul dort – wie fast alle Insassen - unschuldig festgehalten und Julian stirbt in dieser Zeit an der Ruhr. Er, der ja Jude ist und immer Angst hatte, in ein KZ zu kommen, stirbt schließlich in einem. Nur ist es jetzt ein Internierungslager der Russen und die haben die Juden ja vor den Deutschen gerettet.


Klaus Kordon erzählt die Geschichte von Julian und Paul so, als ob er sie selbst erlebt hätte. Er erzählt von all den schlimmen Sachen, die die Russen gemacht haben, weil die Deutschen ihnen noch viel schlimmere Sachen angetan haben.

Die Geschichte ist zwar furchtbar traurig, aber es kommt einem nicht so schlimm vor, weil Klaus Kordon auch die schönen Momente beschreibt, die die das Leben lebenswert machen.

Wenn man dieses Buch liest, bekommt man einen unglaublich guten Eindruck davon, wie das Leben in diesen Jahren war. Es ist packend und direkt geschrieben und hat mir sehr gut gefallen.



Diese Buchbesprechung stammt von Lilly, 12 aus Wien (Januar 2005)